WEHR-ÖFLINGEN. "Goldener Oktober" mit
prächtigen Farben herrschte am Samstag im lichten Atelier
des Hauses der Diakonie in Öflingen. Dort entstanden
beim Kunstaktionstag mit dem Berliner Maler Hans Brosch
eine Fülle farbig leuchtender Bilder. Ein zum Herbst
passendes Motiv hatte es den Teilnehmern besonders angetan:
das Thema Bäume und Apfelernte.
Alle Tische waren belegt und die künstlerisch aktiven Bewohner des Hauses
saßen konzentriert und in sich versunken an ihren Bildern, malten mit Pinsel,
Stift, Rollen, Schwämmen, Spachtel fantasievollen Motive. Auch vier Gäste von
den Zollernalb-Werkstätten in Bisingen wirkten bei diesem Workshop mit. Mit
dieser Einrichtung pflegt das Haus der Diakonie seit längerem einen freundschaftlichen
Austausch. So war eine kleine Gruppe der Bisinger Behindertenwerkstätten für
zwei Tage nach Öflingen gereist.
Hans Brosch ging von Tisch zu Tisch, ermunterte und lobte, gab da und dort
kleine Anregungen, ließ den Kunstschaffenden aber weitgehend freie Hand. "Die
ganze Gruppe hier malt sehr eigenständig und ist sehr geübt im Malen",
zeigte sich Brosch beeindruckt, "es ist eher so, dass der Maler von diesen
begabten Menschen hier noch etwas lernen kann". Es war das erste Mal,
dass der Maler aus Berlin einen Kunstaktionstag mit behinderten Künstlern leitete,
er war auch zum ersten Mal im Haus der Diakonie zu Gast. Eine Verbindung zu
Kunstpfarrer Paul Gräb besteht allerdings schon seit den frühen 1980er Jahren,
erzählte Brosch. Umso mehr hat ihn die Einladung zu diesem Kunstaktionstag
gefreut. Das künstlerische Arbeiten mit den Teilnehmern sei für ihn eine enorme
Bereicherung und Inspiration gewesen. Er wollte auch bewusst kein Thema vorgeben,
sondern jedem offen lassen, was er gestalten will, so Brosch: "Jeder hat
da seinen eigenen Stil".
Beim Blick aus den Atelierfenstern auf die herbstlichen Bäume
kam ihm die Idee, das Motiv Bäume und Äpfel umzusetzen. Zusammen
mit Helmut Hermann, einem der eifrigsten und produktivsten
Künstler aus dem Haus, malte Brosch ein Gemeinschaftsbild: "Die
Apfelernte", ein pastoses, farbkräftiges expressives Gemälde von einer
Figur, die eine Leiter an einen Apfelbaum stellt. Helmut Hermann ließ sich
davon inspirieren und schuf zahlreiche weitere Variationen und Kollagen über
das Sujet Apfelbaum. Ideenreich griff er sogar zu einem Kamm und einer Bürste,
um effektvolle Linien und Strukturen ins Bild zu bringen.
Drei Künstler aus Öflingen fahren zum Gegenbesuch nach Bissingen
Auch Miriam Küspert malte prächtige Bilder mit Baum- und Blätterformen. Zu
den Fleißigsten gehörte Thomas Richter, der konzentriert Bild um Bild in seinen
bevorzugten klaren Formen, Linien und kräftigen Farben schuf. Viel Bewunderung
löste auch das ausdrucksvolle Tier- und Landschaftsbild von Lothar-Späth-Preisträgerin
Alexandra Grüner aus, ebenso die meditativen Arbeiten von Helmut Siebold, der
in feinen Linien und Punkten Städte- und Häuserbilder malte. Tobias Loop, einer
der Teilnehmer aus den Zollernalb-Werkstätten, entwarf mit großer Begeisterung
Bilder von Meer, Fischen, Himmel und Piratenschiffen.
Bei der Präsentation der Bilder im Saal des Hauses waren auch Kunstpfarrer
Paul Gräb und die neue Vorsitzende des Vereins Kunst und Diakonie, Ingeborg
Wiemann-Stöhr, begeistert von der Vielfalt, Farb- und Ausdruckskraft. Wiemann-Stöhr
hatte am Vorabend bei einem Künstlerfest Hans Brosch als einen Maler gewürdigt,
der stets seinen Weg gegangen und sich selbst treu geblieben ist. Sehr positiv
äußerte sich Carlos Rietz von der "Kunstakademie" der Zollernalb-Werkstätten
über die anregende Atmosphäre im Atelier: "Es ist spannend, wenn sich
die Teilnehmer kennenlernen und gucken und vergleichen können, was die anderen
machen". Am Montag fährt Ulla Krug mit drei Künstlern aus dem Haus der
Diakonie zum Gegenbesuch nach Bisingen.